Sprichwort-Check: Bier auf Wein, das lass sein?

Nicht jedes Sprichwort ist gescheit, auch wenn es einen das Leben lang begleitet hat. So verhält sich das zum Beispiel mit dem oft zitierten Spruch, wonach der Klügere nachgibt. Die österreichische Schriftstellerin Marie von Ebner-Eschenbach hat sich dazu bereits im 19. Jahrhundert aufgeregt. Dieses Sprichwort sei nicht mehr und nicht weniger als die Aufforderung, der Dummheit zur Weltherrschaft zu verhelfen.
Nicht ganz so dramatisch verhält sich das mit dem Sinnspruch „Bier auf Wein, das lass sein“. Dass der Genuss eines kühlen Hellen nach einem kräftigen Rotwein unerträgliche Qualen verursacht, ist schlichtweg falsch. Sieht man einmal davon ab, dass sich der berühmte Kater am nächsten Morgen so oder so einstellt.
Richtig ist zwar, dass die Verträglichkeit alkoholischer Getränke ihre natürlichen Grenzen kennt, doch wer glaubt, es sei wissenschaftlich belegt, in welcher Reihenfolge Wein und Bier bekömmlich sind, wandelt auf dem berühmten Holzweg. Denn das Gegenteil ist der Fall, was Hans-Joachim Pieper, Professor für Gärungstechnologie, auf den Punkt bringt: „Es gibt keinerlei Bedenken , verschiedene Alkoholsorten durcheinanderzutrinken.“
In allen Fällen gilt jedoch: Mäßigung ist angesagt .
Am Institut für Brauereitechnologie der Technischen Universität in München will man sogar festgestellt haben, dass es sinnvoll ist, sich zunächst am alkoholärmeren Bier zu erfreuen und dann an einem Schoppen Wein. So treffe der Wein nicht auf einen leeren Magen. Worauf der zweite Teil des besagten Trinkspruchs Gültigkeit haben könnte: „Wein auf Bier, das rat‘ ich dir“. Aber auch diese Erkenntnis ist weder zu beweisen noch wissenschaftlich zu begründen und die Reihenfolge der Getränke eigentlich völlig nebensächlich.
Die Franzosen haben sich über die Mixtura von Rot- und Weißwein ihre Gedanken gemacht. Weiß auf Rot sei gesund für den Magen. Die umgekehrte Reihenfolge verursache Probleme mit den Innereien. Aber auch das ist wohl medizinisch unhaltbar.
Der Weg von der Binsenweisheit zum Sprichwort
Nun fragt man sich, wie der Spruch „Bier auf Wein, das lass sein“ Eingang in unsere Lebensgewohnheiten fand. Die Erklärung ist vermutlich kulturellen Ursprungs und reicht bis ins europäische Mittelalter zurück. Die Arbeiterschaft ergötzte sich am preiswerteren Bier, die Reichen am teuren Wein, dessen Genuss auch etwas aussagte über den sozialen Status des Konsumenten. Also war Bier anstelle eines edlen Tropfen Weins in der Obrigkeit verpönt.
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